Liebe dich selbst - und es ist egal wen du heiratest by Eva-Maria Zurhorst

Liebe dich selbst - und es ist egal wen du heiratest by Eva-Maria Zurhorst

Autor:Eva-Maria Zurhorst
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks


7. Kapitel

Wenn zwei sich streiten, nützt der Dritte auch nichts

Ehealltag, Beziehungsroutine, Silberhochzeits-Flair: Alles ist schwer, träge, eintönig, leidenschaftslos. Da sitzen wir, kennen jede Regung unseres Partners. Kennen den Verlauf der stetig weniger werdenden Dialoge im Voraus. Oder wir sprechen Dinge gar nicht mehr an, weil wir die unbefriedigende Antwort schon zu oft gehört haben. Wir spüren und hören Kritik an uns und unserem Verhalten, fühlen uns eingeschränkt oder nicht wahrgenommen. Unzählige Male schon gab es von uns Versuche der Hinbewegung zu unserem Partner, die vor unsichtbaren Mauern endeten. Unzählige Male wollten wir Verbindung und wurden stattdessen durch Rückzug und Schweigen getrennt oder von Urteilen und Ansprüchen zurückgewiesen.

Natürlich teilen wir lieb gewonnene und liebenswerte Gewohnheiten miteinander. Vieles funktioniert blind, bei Wichtigem herrscht selbstverständliche Übereinkunft. Außerdem überkommen uns manchmal die alten Erinnerungen an die erste Zeit und entlocken uns ein Lächeln oder einen unerwartet erotisierten Zug um den Mund. Aber dann schauen wir auf das eintönige Jetzt und träumen Träume von aufregenden und unvorhersehbaren Begegnungen. Wir fühlen uns wie der Ex-Minister, der Sehnsucht nach dem Leben hatte. Kaum werden uns diese Träume bewusst, verbieten wir uns meist auch schon, sie weiterzuträumen. Damit die täglichen Defizite unserer Partnerschaft nicht zu beschwerlich werden, verdrängen wir die Träume gleich wieder in die Tiefen unseres Eisbergs und durchforsten lieber die Fernsehzeitung nach einem fesselnden Abendprogramm.

Aber dann taucht plötzlich, scheinbar unerwartet, ein Fremder in unserem Leben auf – und aus heiterem Himmel fühlen wir uns wie reanimiert. In der Begegnung mit ihm oder ihr scheinen all unsere Grenzen von uns zu fallen, sind wir bereit für ein Abenteuer. Endlich können wir wieder hoffen, träumen wir davon, uns wieder ganz hinzugeben, endlich wieder zu lieben und zu leben. Häufig erleben wir beim so genannten Fremdgehen eine Intensität der Gefühle und eine Befreiung der Sexualität, wie wir sie selten vor – meist auch nicht in – unserer Ehe gekannt haben. Wir fühlen uns wie elektrisiert, alles in uns ist voller Lebendigkeit und Lebenskraft. Unser Körper pulsiert vor Leidenschaft, und ein latenter Strom von Auf- und Erregung hebt uns empor aus dem trübsinnigen Alltag. Es ist, als ob endlich eine Schneise in den dumpfen Nebel unseres normalen Ehe-, Familien- und Beziehungslebens geschlagen würde.

Wir können nichts wirklich bestimmen, nichts wirklich planen oder gar in unsere alltägliche Routine integrieren. Erwartungsvoll fiebern wir auf das nächste Telefonat, die nächste Begegnung, die nächste Berührung hin. Der geheime Liebhaber oder die heimliche Geliebte wirken wie Insulin bei einem Zuckerkranken – wir brauchen immer wieder eine Dosis, sonst droht unser Spiegel der Lebendigkeit abzusinken. Ohne Nachschub drohen wir wieder unterzugehen in der alten, unerträglichen Routine, in der Bedeutungslosigkeit eines Durchschnittslebens, scheint es, als müssten wir zurückkehren in die Gefangenschaft – dorthin, wo wir uns schon unzählige Male gefragt haben: »Soll das wirklich alles gewesen sein?«



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